Schwedische Glücksspielbehörde geht gegen Twitch-Influencer vor
In Schweden zieht die Glücksspielaufsicht eine klare Linie: Illegale Werbung für nicht lizenzierte Online-Casinos über soziale Plattformen soll nicht länger geduldet werden. Besonders im Visier: Influencer auf Twitch, die ein junges Publikum gezielt mit Glücksspielinhalten ansprechen.
Der Auslöser war eine aufsehenerregende Recherche der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt SVT, die in ihrer Sendung Kulturnyheterna dokumentierte, wie schwedische Streamer regelmäßig Online-Casinos bewerben – darunter Anbieter ohne jede Lizenz für den schwedischen Markt. In der Analyse zeigte sich, dass acht von zehn prominenten Twitch-Influencern in ihren Livestreams illegal Glücksspielseiten verlinkt oder aktiv gespielt hatten – meist sogar beides.
Für viele war das nicht nur ein Nebenthema, sondern zentraler Bestandteil ihrer Streams. Sie präsentierten Boni, zeigten Gewinne in Echtzeit und forderten ihre Zuschauer regelrecht zum Mitmachen auf. Das Publikum bestand oft aus jungen Erwachsenen, viele davon noch keine 25 Jahre alt. Laut SVT wurden schätzungsweise bis zu 500.000 Zuschauer erreicht – eine Reichweite, die Spelinspektionen, die schwedische Glücksspielbehörde, alarmierte.
Maßnahmen gegen Twitch und politische Reaktion
Die Behörde reagierte schnell und deutlich. Auf Grundlage der TV-Recherche leitete sie mehrere Verfahren ein und machte öffentlich, dass die beworbenen Anbieter in Schweden nicht lizenziert sind. Werbung dafür ist laut dem schwedischen Glücksspielgesetz verboten. Das Ziel der Aufsicht ist klar: Die Regulierung soll nicht nur Spieler schützen, sondern auch unlauteren Wettbewerb verhindern. Wer ohne Lizenz operiert, umgeht Steuern, Verbraucherschutz und Kontrollen – ein klarer Nachteil für seriöse Anbieter.
Besonders kritisch ist aus Sicht der Behörden, dass die illegale Werbung fast ausschließlich über Plattformen wie Twitch verbreitet wurde – also Kanäle, die nicht direkt der Glücksspielregulierung unterliegen. Zwar hat Twitch selbst im Jahr 2022 Regeln eingeführt, die Werbung für nicht lizenzierte Casinos untersagen, doch in der Praxis wird oft nur unzureichend kontrolliert. Spelinspektionen sieht daher sowohl die Plattformen als auch die Streamer in der Pflicht.
„Es ist nicht akzeptabel, dass illegale Glücksspielanbieter über beliebte Streaming-Plattformen junge Menschen erreichen. Wir müssen konsequent handeln, um Vertrauen und Schutz zu gewährleisten.“
– Schwedische Glücksspielbehörde (Spelinspektionen)
Die wachsende Gefahr durch den Schwarzmarkt
Unterstützung kommt nun auch aus der Politik. Der schwedische Finanzmarktminister Niklas Wykman kündigte an, das Glücksspielgesetz überarbeiten zu wollen. Es soll einfacher werden, gegen illegale Glücksspielwerbung auf digitalen Plattformen vorzugehen – auch gegen große Anbieter wie Twitch. Denkbar seien strengere Haftungsregeln oder technische Maßnahmen, um Werbung gezielt zu blockieren.
Die Debatte trifft einen Nerv. Denn in Schweden – wie in vielen anderen Ländern – nimmt der sogenannte Schwarzmarkt im Online-Glücksspiel stetig zu. Laut Schätzungen stammen bis zu 80 % der Online-Umsätze aus nicht lizenzierten Quellen. Diese Anbieter sind oft kaum zu kontrollieren und tarnen sich geschickt mit modernen Webseiten, bekannten Zahlungsanbietern und professioneller Gestaltung.
Für die schwedischen Aufsichtsbehörden ist die aktuelle Maßnahme daher mehr als nur ein symbolischer Akt. Es geht um Grundsatzfragen: Wie schützt man Verbraucher in einer digitalen Welt, in der Inhalte rund um die Uhr verfügbar sind? Und wie verhindert man, dass junge Menschen durch unterhaltsam inszeniertes Glücksspiel in gefährliche Verhaltensmuster rutschen?
Mit dem entschlossenen Vorgehen gegen illegale Glücksspielwerbung setzt Schweden nun ein deutliches Zeichen – an die Branche, an Plattformbetreiber und an Influencer gleichermaßen: Glücksspiel ist kein Spiel, wenn Regeln ignoriert werden.
