Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 24. September 2025 eine wegweisende Verhandlung durchgeführt, die das Angebot von Online-Sportwetten in Deutschland betrifft. Im Mittelpunkt steht der Anbieter Tipico, der zwischen 2013 und 2020 Sportwetten ohne gültige deutsche Lizenz angeboten hat. Dabei geht es nicht nur um die Frage, ob solche Verträge gültig waren, sondern auch darum, ob Spieler ihre Verluste zurückfordern können. Die Entscheidung des EuGH wird voraussichtlich große Auswirkungen auf den Glücksspielmarkt in Deutschland und auf zahlreiche laufende Verfahren haben.
Die deutsche Rechtslage war über Jahre von Unsicherheit geprägt. Zwar hatten Unternehmen wie Tipico versucht, eine Konzession zu beantragen, doch das Verfahren zur Erteilung der Lizenzen galt als unionsrechtswidrig. Der Bundesgerichtshof (BGH) legte daher dem EuGH die Frage vor, ob Sportwetten-Verträge automatisch nichtig sind, wenn ein Anbieter keine gültige Lizenz erhalten hat. Damit geht es auch um die Grundsatzfrage, wie nationale Glücksspielregelungen mit der europäischen Dienstleistungsfreiheit vereinbar sind.
EuGH prüft Tipico-Angebot von Online-Sportwetten
Die Verhandlung vor dem EuGH drehte sich nicht nur um den konkreten Fall Tipico, sondern um die grundsätzliche Bewertung der deutschen Regulierungspraxis. Zwischen 2012 und 2021 war das Vergabeverfahren für Sportwetten-Lizenzen stark umstritten. Zahlreiche Anbieter hatten Anträge gestellt, doch das Verfahren zog sich hin und wurde in vielen Punkten als intransparent und diskriminierend kritisiert. Spieler, die in dieser Zeit bei Tipico und anderen Anbietern Verluste erlitten haben, fordern nun eine Rückzahlung.
Wenn eine Lizenz unionsrechtswidrig verweigert wurde, kann der Anbieter nicht von einer gültigen Rechtsgrundlage ausgehen.
In den Gerichtsakten wird deutlich, dass die Kläger ihre Einsätze zurückverlangen, weil die geschlossenen Verträge angeblich nichtig waren. Genau diese Sichtweise könnte der EuGH bestätigen – oder aber klarstellen, dass Spieler trotz fehlender Lizenz nicht automatisch Anspruch auf Rückerstattung haben.
Online-Sportwetten und rechtliche Unsicherheit
Das Verfahren hat Signalwirkung für tausende anhängige Klagen in Deutschland. Viele Spieler haben in den letzten Jahren Verluste bei Anbietern ohne deutsche Lizenz erlitten. Sollten diese Verträge als nichtig bewertet werden, könnten die Rückforderungen schnell in die Millionenhöhe gehen. Damit stünde nicht nur Tipico, sondern die gesamte Branche unter erheblichem Druck.
Der EuGH muss in diesem Zusammenhang klären, ob ein generelles Verbot von Online-Sportwetten in Deutschland rechtmäßig war, wenn das Vergabeverfahren unionsrechtswidrig durchgeführt wurde. Kritiker betonen, dass die deutsche Regelung über viele Jahre gegen die europäische Dienstleistungsfreiheit verstoßen habe. Befürworter der bisherigen Regelung argumentieren dagegen, dass der Spielerschutz und die Bekämpfung von Spielsucht Vorrang hätten.
Die Entscheidung des EuGH wird eine Weichenstellung für den gesamten Markt sein.
Besonders spannend ist die Frage, ob ein Anbieter wie Tipico, der seinen Sitz in der EU hat, sich auf europäisches Recht berufen kann, um nationale Einschränkungen zu umgehen.
Die mündliche Verhandlung am 24. September 2025 brachte noch kein Urteil hervor. Beobachter gehen jedoch davon aus, dass die Entscheidung in den kommenden Monaten fällt. Schon jetzt ist klar, dass das Urteil weitreichende Folgen haben wird. Nicht nur die Anbieter, sondern auch die Spieler warten gespannt auf die Auslegung der europäischen Richter.
Für die Glücksspielbranche steht damit viel auf dem Spiel. Sollte der EuGH die Verträge für nichtig erklären, müssten Unternehmen wie Tipico möglicherweise enorme Summen an Spieler zurückzahlen. Gleichzeitig könnte dies die zukünftige Regulierung von Online-Sportwetten in Deutschland stark beeinflussen. Sollte der EuGH dagegen die deutsche Praxis teilweise stützen, hätten Anbieter deutlich mehr Rechtssicherheit.
In jedem Fall wird die Entscheidung die Richtung bestimmen, in die sich der Markt bewegt. Für Spieler bedeutet das Urteil entweder die Chance auf Rückerstattung oder die Bestätigung, dass Verluste endgültig sind. Für Anbieter entscheidet sich, ob sie mit einer Welle von Klagen rechnen müssen oder ihre Angebote künftig auf einer rechtlich sicheren Grundlage betreiben können.
Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass der Fall Tipico weit über einen einzelnen Anbieter hinausgeht. Es ist ein Grundsatzverfahren, das die Zukunft von Online-Sportwetten in Deutschland und der gesamten EU prägen wird.