EU-Kommission geht gegen Malta (MGA Lizenz) vor
Die Europäische Kommission hat am 18. Juni 2025 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Malta eingeleitet. Anlass ist eine Bestimmung im maltesischen Glücksspielgesetz, konkret Artikel 56A, der durch das sogenannte „Bill 55“ im Jahr 2023 eingeführt wurde. Diese Klausel ermöglicht es maltesischen Gerichten, ausländische Urteile gegen Anbieter mit MGA-Lizenz (Malta Gaming Authority) nicht anzuerkennen, wenn diese der öffentlichen Ordnung Maltas widersprechen. Für viele Beobachter in der EU ist dies ein klarer Bruch mit den Grundprinzipien des europäischen Binnenmarkts, insbesondere der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen.
Der Hintergrund dieser Entwicklung liegt in der großen Anzahl von Glücksspielanbietern, die von Malta aus europaweit agieren. In Deutschland und Österreich haben sich in den vergangenen Jahren zahlreiche Spieler erfolgreich vor Gerichten gegen diese Anbieter durchgesetzt. Zum einen wegen illegaler Teilnahme am Glücksspiel oder unzureichender Lizenzierung nach nationalem Recht. Die daraus resultierenden Urteile, häufig mit hohen Rückzahlungsforderungen, wurden in Malta jedoch bislang nicht anerkannt oder vollstreckt. Die rechtliche Grundlage dafür wurde mit Bill 55 geschaffen.
Kritik und Reaktionen aus Brüssel und Valletta
Die EU-Kommission sieht darin einen eklatanten Verstoß gegen Artikel 36 der Brüssel Ia-Verordnung, welche die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen in Zivil- und Handelssachen innerhalb der EU regelt. Wenn ein Gericht in Deutschland oder Österreich ein rechtskräftiges Urteil gegen einen Glücksspielanbieter fällt, darf dieses Urteil nicht einfach in einem anderen Mitgliedstaat ignoriert werden. Genau das passiert laut Kommission jedoch systematisch in Malta mit dem Hinweis auf „ordre public“, also den Schutz der öffentlichen Ordnung.
Ein Mitgliedstaat darf Urteile anderer EU-Staaten nicht mit dem pauschalen Verweis auf nationale Interessen blockieren – das untergräbt das Fundament des Binnenmarkts.
Brüssel fordert daher eine Stellungnahme der maltesischen Regierung binnen zwei Monaten. Malta selbst verteidigt das Gesetz. Man schütze die nationale Ordnung und den rechtmäßigen Betrieb von in Malta lizenzierten Anbietern. Die Malta Gaming Authority verweist darauf, dass Anbieter unter strengen Auflagen reguliert würden und sich an die nationale Gesetzgebung halten müssten. Die öffentliche Ordnung diene lediglich als Schutzschild gegen systematische Klagen aus dem Ausland, die man als wirtschaftliche Bedrohung ansieht.
Dennoch mehren sich innerhalb der EU Stimmen, die Malta vorwerfen, sich durch seine laxen Regeln und das Verhalten gegenüber europäischen Gerichtsurteilen zum sicheren Hafen für Anbieter mit problematischen Geschäftsmodellen zu entwickeln. Der jetzige Schritt der EU-Kommission könnte ein Wendepunkt sein.
Sollte Malta keine zufriedenstellende Antwort liefern, kann die Kommission den nächsten Schritt einleiten, nämlich die sogenannte mit Gründen versehene Stellungnahme. Danach könnte das Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof landen. Sollte der EuGH entscheiden, dass Malta gegen EU-Recht verstößt, müsste das Land seine Gesetzgebung ändern. Andernfalls drohen hohe Strafzahlungen.
MGA Lizenz bald nichts mehr wert!
Für viele Kläger aus Deutschland oder Österreich, die gegen Glücksspielanbieter mit Malta-Lizenz vorgehen, ist diese Entwicklung ein Hoffnungsschimmer. Denn bislang war die tatsächliche Vollstreckung ihrer Urteile in Malta praktisch ausgeschlossen. Sollte das Verfahren der Kommission erfolgreich verlaufen, könnte sich das ändern. Die Anerkennung nationaler Urteile würde dann zur Pflicht – auch in Malta.
Der Fall hat Signalwirkung über das Glücksspiel hinaus. Er zeigt, dass die Europäische Kommission bereit ist, auch gegen kleine Mitgliedsstaaten konsequent vorzugehen, wenn europäisches Recht systematisch unterlaufen wird. Gleichzeitig zeigt der Fall aber auch, wie schwer es ist, europäische Rechtsprinzipien in einem föderalen System mit 27 Mitgliedsstaaten einheitlich durchzusetzen, besonders in Bereichen wie Glücksspiel, bei denen nationale Interessen und wirtschaftliche Abhängigkeiten stark ausgeprägt sind.